Oktober 19, 2015

Kurashiki

Sonntag ging es mit dem Nahverkehrszug auch wieder nach Westen, bis Kurashiki, das schon am Abend vorher auf der Strecke von Soja zurück nach Okayama gelegen hatte. Die Fahrt ist in einer knappen halben Stunde erledigt, an sich waren die Entfernungen dieses Mal also weitaus kürzer als die Wege zwischen Yamaguchi und Hagi bzw. Tsuwano.
In Kurashiki, dem Ort der Glyzinien (an den Bodenplatten soll man es erkennen) war schon bedeutend mehr los als in der Kibiji Ebene, ist der Ort doch für seinen hübschen, erhaltenen Kern mit den vielen weiß-schwarzen Häusern bekannt. Dann war auch noch Sonntag, ein langes Wochenende, wieder viele japanische Touristen unterwegs. Das war schon klar, als ich in Okayama auf dem Bahnsteig wartete, wo es immer voller wurde. Der Zug nach Kurashiko war dementsprechend auch gut gefüllt, nicht ganz wie zur Rush Hour in Tokyo, viel hätte allerdings nicht mehr gefehlt. Bis ich beim Ausstieg die Kamera griffbereit hatte, waren die meisten schon die Treppe hinauf verschwunden, aber einen kleinen Eindruck soll das Foto geben. Ein Ehepaar sprach mich im Laufe des Tages an, das ist wirklich nett, wie interessiert und freundlich die Menschen hier sind, ich freue mich jedes Mal, dass ich, immer allein unterwegs, ein paar Sätze wechseln kann, diese Erfahrung, die ich bereits in der vorangegangenen Woche Urlaub machen durfte, bestätigte sich wieder. Wobei ich natürlich nicht ausschließen kann, dass das etwas mit der Mentalität der Westjapaner zu tun hat, die ja laut Aussage meiner Kollegen, offener, redelustiger und zugänglicher sind, als die Tokyoter. Wie auch immer der Wahrheitsgehalt ist. Jedenfalls bin ich gespannt, ob wenn ich in Kürze mit einer Freundin unterwegs sein werde, wir auch noch angesprochen werden, oder ob sich das eher tatsächlich auf eine allein reisende Person beschränkt.



Abgesehen von den alten Häusern im kleinen Kern, in denen sich natürlich hauptsächlich Geschäfte für die vielen Touristen befinden, gab es viel Kleinkram und Nippes. Es gab ein Geschäft fast nur mit Winkekatzen in allen Formen, aber den großen Aufkleber, um den mich eine Kollegin gebeten hat, konnte ich bisher unglaublicherweise nirgends auftreiben, Süßwaren und sonstige Essenssachen und "momo-chan", den grinsenden Pfirsich in allen Varianten; das was Hiroshima und Umgebung für die Zitrusfrüchte ist, ist Kurashiki also für das samtige Obst, einen Laden mit Jeans und allen anderen Indigo-gefärbten Waren inklusive Eis und Bun, den Klößen. Es gab eine alteingesessen wirkenden "Schnapsladen", Totoro, viele Papierwaren, darunter auch hübsche Karpfen, die wie eine Babuschka gearbeitet waren. 


















Es gibt es auch mehrere Museen im Ort, eines, das Museum Ohara ist ziemlich bekannt und prompt wurde ich im Nachhinein von Kollegen gefragt, ob ich es besucht hätte, aber ich hatte nur das kleine Spielzeugmuseum besucht. Außerdem besichtigte ich ein weitere "klassisches" Haus einer der örtlichen Kaufmannsfamilien. Ich war erst etwas skeptisch und dachte, es wird vergleichbar mit Hagi sein, aber ich ging trotzdem hin. Natürlich war es ähnlich, aber der Besuch hat sich auf jeden Fall gelohnt. Es gab noch ein wenig mehr Inneneinrichtung zu betrachten, alles war sehr schön und liebevoll arrangiert, überall Ikebana Gestecke, eine tolle Küche mit fünf Feuerstellen und einiges mehr, auch ein paar alte Gegenstände wie bestickte Utensilien, eine Puderdose und Kimonos. Es gab auch die berühmten Treppenkommoden und sogar eine Kommode zur Aufbewahrung von Schwertern, die die Familie besitzen durfte, obwohl sie Kaufleute waren. 








Und das Spielzeugmuseum war der Hit. Hinter einem Geschäft, das ebenfalls Spielwaren und andere beliebte Artikel wie Furoshiki und ähnliches verkaufte, gab es vier Räume, die mit Vitrinen vollgestellt und bis unter die Decke vollgestopft waren mit Schätzchen. Ein ganzer Raum mit Spielwaren aus bemaltem Pappmaché, diese Art wird auch heute noch verkauft, ein Raum mit Puppen aus Papier, die die Vorgänger der auch heute noch immer verkauften beliebten Lesezeichen sind, nur um ein vielfaches prachtvoller und aufwendiger gestaltet. Einen Raum mit Daruma, einer mit Holzspielsachen inklusive vieler Kokeshi, einer an den noch freien Wänden bestückt mit Drachen und Masken. Eigentlich hätte man auch hier nicht fotographieren sollen, aber ich konnte in meiner Begeisterung nicht an mich halten und habe doch ein paar Mal auf den Auslöser gedrückt. Leider konnte ich nicht lesen, aus welcher Gegend Japans die Sachen kommen oder wie alt sie waren. Manche wirkten schon sehr geliebt und entsprechend abgenutzt.


Am Abend auf dem Rückweg zum Bahnhof kam ich an einem Eisladen vorbei, der etwas andere Geschmacksrichtungen verkauft. Da habe ich mich doch ein wenig geärgert, denn er hatte bereits geschlossen. Ausgerechnet, wo auf der Karte doch das seit Monaten gesuchte Wasabi Eis stand und auch so interessant klingende Sorten wie Sake und Sojabohne. Hm, vor allem das letztere hätte mich dann geschmacklich doch auch wirklich sehr interessiert. Ob ich noch einmal woanders eine Chance bekomme? Ich habe ja in Tokyo schon die ganze Zeit Ausschau gehalten, aber bisher nichts gefunden.



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