September 05, 2015

die Heimat der Maneki Neko

Heute führte mich mein Weg nach Gotoku-ji, nicht zu verwechseln mit Gokoku-ji. Der Tempel liegt ein bißchen außerhalb, im Bezirk Setagaya, aber ist auch ganz einfach zu erreichen, von Ikebukuro nach Shinjuku (wie ich abends auf dem Rückweg feststellen konnte, gibt es sogar in der U-Bahn Expresszüge, die nur an wenigen Haltestellen halten, wirklich praktisch), dort in die Odakyo Line um- und in Gotokuji ausgestiegen. 
Auch bei der Odakyo Line, die wohl einem der unzähligen privaten Bahnunternehmen gehört, die dann scheinbar auch noch gerne die zugehörigen bzw. gleichnamigen Kaufhäuser betreiben (bei Seibu und Tobu ist es auch so, es gibt ebenfalls Seibu- und Tobu-Line, muss ich mal herausfinden, was es damit auf sich hat), muss man ein bißchen aufpassen, in welchen Zug man einsteigt, denn die fahren zwar alle ab Shinjuku, teilen sich dann aber später in alle möglichen Himmelsrichtungen auf, wie mir schien und halten entsprechend ihrer Bezeichnung local, semi express, express und was es sonst noch so gibt, nicht überall, aber Gotokuji liegt nicht so weit draußen und scheinbar halten dort alle Züge. Kaum hinaus aus dem Bahnhof, wird einem schon auf den ersten Blick klar, dass einen hier die Maneki Neko erwarten, dort wird man nämlich am Ausgang schon von der ersten Winkekatze begrüßt. Ich war irgendwo im Internet über Bilder von unzähligen Keramikkatzen gestolpert und wollte mir doch mal selbst ein Bild machen. Dafür habe ich jetzt, nachdem in den letzten zwei Wochen das Wetter relativ regnerisch war und alle Mückenstiche schön abgeheilt, wieder unzählige neue Flatschen an Armen, Beinen und im Gesicht. Ich hatte einmal wieder nicht darüber nachgedacht, dass an einem Tempel eventuell auch ein Friedhof und Grünflächen sein könnten und war nicht entsprechend vorbereitet und gegen die Biester gewappnet. Abgesehen davon hatte ich überhaupt die Größe der Anlage unterschätzt. Auch hier gibt es eine mehrstöckige Pagode, eine Haupthalle und zahlreiche, kleinere Nebengebäude und den erwähnten Friedhof. Aber erst einmal der Reihe nach. 


Vom Bahnhof Gotokuji kann man auch in eine Art Straßenbahn umsteigen und eine Haltestelle bis fast vor das Tempelgelände fahren, aber zum Laufen ist es nicht weit, vielleicht ein oder eineinhalb Kilometer wenn überhaupt und so lief ich durch einen kleinen Teil eines der dreiundzwanzig Stadtbezirke. Hier fielen mir einmal wieder die engen Straßen ohne Bürgersteige auf, nur eingezeichnete Abtrennungen, Fußgänger, Fahrrad- und Motorradfahrer, Autos aus beiden Richtungen, aber man arrangiert sich, keiner hupt oder klingelt. Und auch unterwegs bereits überall Katzen, auf Hauswänden, in Schaufensterauslagen, als Gießkannen, Hausschuhverzierung, an Laternenpfosten. Manche hübsch, manche weniger. Mache neu, manche in die Jahre gekommen. Und wie auch die rot-weißen Katzen viele rot-weiße Laternen, da schlägt das kölsche Herz gleich höher.

















Am Tempel angekommen, sprach mich dann gleich ein Herr an, dem es auch völlig egal war, dass ich kein japanisch verstehe, er war wahnsinnig freundlich und bemüht, erzählte die ganze Zeit, führte mich herum, mit ein paar Brocken englisch, das wichtigste war wohl "photo ok" "everywhere" - na dann. Er kam dann auch ein paar Minuten später mit einem Antimückenmittel "japanese drug" und tupfte es mir ungefragt an alle möglichen Stellen (er schien mir ein wenig, wie soll ich politisch korrekt sagen, naja...), aber wie gesagt unglaublich freundlich. Dabei will garnicht wissen, was das für ein Mittelchen war. Später dann ein weiteres Mal, als er meine geschwollenen Stellen sah. Es roch jedenfalls ziemlich extrem nach Menthol und war schön kühl. Bei den Katzen gab es jedenfalls sehr viele Mücken, die warten da wahrscheinlich schon, weil sie wissen, dass dort die meisten Heißblüter vorbei kommen und auch länger stehen bleiben, um Fotos zu machen.









Es gab auch noch einen weiteren, etwas betagteren Herrn, der wollte mir dann später im Friedhofsgelände alles mögliche erklären, vor allem, dass dort ein für Japan wichtiger Mann begraben liegt (vor dessen Grab blieben auch immer wieder Leute zum Gebet stehen)...tja, da merke ich halt mal wieder, wie es so ohne Sprachkenntnisse in einem fremden Land ist... Immerhin konnte ich verstehen, er sei gestern von den Mücken gefressen worden und trage deshalb heute ein langärmeliges Hemd. Das hätte ich mal besser auch getan. Aber das geht auch vorbei. Und Maneki Neko gibt es dort wirklich an einer Stelle zuhauf. Die Stelle ist nicht groß, vielleicht fünf, sechs Meter, aber dort stehen sicherlich an die 1000 Keramikkatzen, alle im Prinzip gleich, allerdings unterschiedliche Größen und unterschiedlich lange, dem Staub- und Bemoosungsgrad nach zu urteilen. Man bekommt im Souvenirladen bzw dort, wo man auch Sträusschen für die Gräber, die Wunschtafeln, Räucherstäbchen und natürlich auch Katzenfiguren erstehen kann, einen Zettel ausgehändigt mit der Geschichte der Katzen und die lautet definitiv anders, als die unterschiedlichen Legenden, die im wikipedia Artikel beschrieben sind. Und der wichtige Mann, vor dessen Grab ich stand, war Ii Naosuke, derjenige, der vereinfacht gesagt im 19. Jahrhundert für die Öffnung Japans eintrat. Wieder einen Namen gelernt. Verabschiedet wurde ich dann ebenfalls von meinem ersten Führer, der voller Begeisterung ein paar Leuten zuwinkte (seiner Aussage nach scheinbar Australier, er muss sie also schon gekannt haben), die gerade kamen, als ich ging. Das waren aber auch die einzigen nicht-asiatisch aussehen Leute, die mir in dieser Gegend begegnet sind. Es war wirklich angenehm, nach diesem Getümmel in der Stadt einmal ein paar Stunden in einer etwas anderen Gegend unterwegs gewesen zu sein.






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